WORLDVISION-Kinderpatenschaften

Mumbai (Bombay)
Hauptstraße Richtung Norden
Indische Kinder am Bahnübergang

15. Dezember 2004   -  5. Januar 2005

Indien (Teil 1) Mumbai (Bombay) - Jaipur

Die Passkontrolle passiert, standen wir im Flughafen von MUMBAI vor unserem großen Paket. Auch unsere zwölf Taschen waren da. Beim Verlassen des Gebäudes sprach uns ein Mann vom Informationsbüro an, der uns dringend ein Hotel vermitteln wollte. Es war schon fast dunkel und wir willigten ein. Aus einer Liste von Hotels suchten wir uns das billigste aus. Es sollte jedoch mit 25 Euro das teuerste Hotel unserer bisherigen Reise und in ganz Indien werden. Beim Umgang mit der neuen Währung bemerkten wir, dass der Geldwechsler im Oman uns Rupien im Wert von 100 Euro gab. Wir hatten aber nur 50 Euro hingegeben. Vielen Dank für die Spende!
Ein Kleinbus des Hotels holte uns vom Flughafen ab. Unsere Räder samt Gepäck verstauten wir im Hinterraum und fuhren los.
Unsere Blicke aus dem Fenster versetzten uns in ungläubiges Staunen. Was für ein Chaos! Der Kontrast zum Oman war erschreckend. Das Wort „Kulturschock“ war noch nie so passend. Überall Menschen, Autos, Mopeds, Müll und kleine Kinder, die, sobald sie uns sahen, an die Fensterscheiben klopften und uns mit ihren schwarzen Zähnen flehend um etwas Essbares anflehten. Wie in einem bösen Traum bahnten wir uns im Schneckentempo den Weg zum Hotel. 
In einem Innenhof eines Betonklotzes scherten sich die Hotelboys um unsere zahlreichen Taschen und brachten sie in unser Zimmer. Auch die Fahrräder sollten ins Zimmer. Dann standen sie zu dritt vor uns und warteten auf Trinkgeld. Wir hatten aber nur einen kleinen Schein von 20 Cent. Sie lachten nur und verschwanden. Tür zu! „Wir sind in INDIEN!“ 

Unsere Sorge, eventuell kein Geld mit Kreditkarten zu bekommen, löste sich am nächsten Morgen. An einer Tankstelle stand ein bewachter Geldautomat, der die Mastercard akzeptierte. Jetzt stand uns Indien offen. 
Die Besichtigung des Zentrums der 15 Millionenstadt ersparten wir uns und fuhren in Richtung Norden. Im Linksverkehr kämpften wir uns durch den Smog. Es war zum Glück weniger schlimm als erwartet. Relativ wenig Autos fuhren aus der Stadt heraus. In die Stadt hinein war allerdings alles dicht. Links und rechts waren viele Slumgebiete zu sehen. Über die Hälfte der Stadtfläche gilt heute als Slumgebiet.
Im wieder interessant sind die unterschiedlichen Verhaltensregeln im Straßenverkehr. Diese sind hier mit kaum einem anderen Land vergleichbar. Es herrscht Chaos pur. Besonders beliebt ist das Hupen. Aber nicht ein mal, sondern zwanzig mal hintereinander. Nach 105 km quartierten wir uns in ein Straßenhotel für 8 Euro ein. Anschließend besuchten wir die Indische Küche. „Tandoori Chicken“ und „Alu Palak“. Das Hähnchen war scharf mariniert, dazu gab es Spinat und ein Kartoffelgericht. Es schmeckte wirklich gut.
Den ganzen Tag hatten wir Durst wie noch nie. Über 30°C im Schatten. Zudem war die Sonneneinstrahlung sehr extrem. Nach 80 km war mir etwas schwindelig. Unsere Körper mussten sich an die neue Umgebung erst gewöhnen. 
Die Straße hatte jeweils zwei Fahrstreifen. Immer wieder häuften sich Straßensperren, hervorgerufen durch Baustellen. Urplötzlich taucht auf unserer Fahrbahn ein Geisterfahrer auf. Den Autofahrern schien das nicht zu stören. Die andere Fahrbahn war einfach gesperrt. Wie wäre es mit einem Hinweis für die Verkehrsteilnehmer! 
Am Abend kamen wir für nur 4 Euro abermals in einem guten und sauberen Zimmer unter. 
Vor Sonnenaufgang befanden wir uns wieder auf der Straße. Viele Menschen, unter ihnen arbeitende Frauen auf Baustellen, Männer mit Säcken auf dem Rücken, die wertvolle Dinge am Straßenrand suchten, Bananenverkäufer, Essensstände, Familien in kleinen Zelten oder Holzhütten und viele Radfahrer waren unterwegs. Auf dem Asphalt weiterhin Unmengen von LKWs. Nur zehn Prozent waren PKWs.

Am meisten störte uns das lästige, unaufhörliche Hupen. Die Fahrer werden auch noch durch die Aufschriften an jedem LKW „HORN PLEASE“ oder „BLOW HORN“ dazu aufgefordert. Nach 100 km waren unsere Ohren taub und wir suchten ein Hotel. Man darf sich allerdings nicht durch die vielen „HOTEL“ Aufschriften irritieren lassen. Meist handelt es sich dabei nur um ein Restaurant mit Parkplatz.
„Hello!“ „Hello!“ Ein Mann klopfte mitten in der Nacht an der Tür. In der Nacht öffneten wir aber grundsätzlich nicht die Tür. Zusätzlich plagten uns in dieser Nacht erstmals die Moskitos. 
VADODARA. Ein Schild wies uns den weg in die Stadt. Die Orientierung im Zentrum war wesentlich schwieriger. Als wir anhielten kamen gleich verarmte Kinder zu uns und bettelten. Sobald wir unsere Kekspackung öffneten strömten noch weitere Kinder zu uns. Einer von ihnen schnappte sich die Kekse und rannte davon. Keine sehr sinnvolle Aktion. In der Stadt fanden wir einen Laden mit Toilettenpapier, Honig, Brot und Marmelade. Die Stadt selber bietet außer der schönen Universität nichts sehenswertes. 
 


Baustelle Indien
Stephan beim Obstkauf
Aufmerksame Hunde


Die 4 Millionen Einwohner Stadt AHMEDABAD wollten wir eigentlich umfahren. AHMEDABAD gilt als einer der lautesten und hektischsten Orte in ganz Indien. Leider hatten wir keine andere Wahl und mussten dies mit eigenen Augen und vor allem Ohren miterleben. Der Verkehr staute sich in den einspurigen engen und verwinkelten Gassen. Durch diese Enge und den angrenzenden Hütten am Straßenrand war die Lärm- und Abgasbelastung sehr hoch. Allein unser Kompass wies uns durch das Straßenchaos den richtigen Weg. 

„Where do you want to go?“ „Which country?“ „All India?“ „Whats your name?“ Fragen, denen wir uns ständig stellen mussten. Besonders in Städten sprachen uns die Moped – Fahrer sehr oft an. Im Allgemeinen hatten wir allerdings Probleme das Englisch der Inder zu verstehen. Lag es an der Aussprache, an dem Lärm oder an unseren vermehrt taub gewordenen Ohren. 
In KALOL suchten wir ein Hotel. „Yes! This way“ Wir folgten und waren plötzlich von zwanzig Leuten umringt. Nur ein Hotel war hier trotzdem nicht. Sie wollten alle helfen, aber es gab hier einfach kein Hotel. An der Hauptstraße stand ein Gebäude mit einem riesigen Schild „Hotel“. Leider entpuppte es sich als Restaurant. 
Thomas Pedale löste sich von der Kurbel. Sie hatte sich gelockert und war nun verdreht. „Oh, nein!“ Das Alu – Gewinde der Kurbel war damit zerstört und für uns nicht reparabel. Weiterfahren unmöglich. Wir beschlossen frei zu campen. Unentdeckt zu bleiben, war hier unmöglich. Hinter einem Busch am Ortsausgang stellten wir das Zelt auf. Nebenan lebte eine Familie mit mehreren Kindern und der Oma. Sie schauten zu uns neugierig rüber und verschwanden. Auch mehrere Radfahrer und Kühe bestaunten uns, aber niemand kam zu uns. Am Abend konnten wir Thomas Pedale mit dem vorhandenen Restgewinde befestigen. Zum Glück! Das Weiterfahren war erst einmal gesichert.
Unser Ziel war die Wüstenstadt JAISALMER im Bundesstaat RAJHASTAN. Unterwegs verließen wir das Hotel in PALANPUR und weckten auch an diesem Morgen im Innenhof alle Hotelgäste mit unseren lauten Fahrradhupen. Die Hoteljungen konnten einfach nicht widerstehen, den verführerischen roten Knopf zu betätigen. Die Landschaft wurde immer karger. Überraschend viel Felder mit Senfpflanzen konnten wir entdecken. 

Das Überschreiten der Grenze GUJARAT – RAJHASTAN war mit so manchen Veränderungen verbunden. Genau am Grenzschild war die gut ausgebaute Straße zu Ende. Es folgte eine schmale Straße mit schlechtem Asphalt. 
Auch in SANCHOR gab es kein Hotel und wir steuerten einen Busch abseits der Straße an. Als wir kein Mopedgeräusch hörten, schoben wir unsere Räder durch den tiefen Sand. Erwischt! Ein Mopedfahrer hielt an und kam auf uns zu. Wir nahmen Platz und er stellte nach einer Minute Anstarren die Frage: “Country?“ „Germany!“, sagten wir. Er nickte mit dem Kopf und schaute uns weiterhin an. Wie ertappt saßen im Sand und warteten einfach nur darauf, dass er geht und wir hinter dem Gebüsch unser Lager aufschlagen können. Außerdem erwarteten wir noch mehr Besucher, solange er hier noch stand. Nach fünf Minuten regte er sich, allerdings nur mit einem lauten gähnenden Geräusch und er streckte seine Arme in die Höhe. Nach weiteren 5 Minuten Stille trat er nichtsagend seinen Rückweg an. Das wurde auch Zeit. 
Am Abend beobachteten wir nur zwei Frauen, die Holz sammelten. Nach zwei Stunden Schlaf wurden wir brutal geweckt. Ein Hund stand vorm Zelt und kläffte und an. Wir waren vermutlich in sein Revier eingebrochen. Wir beschlossen ihn mit der Hupe zu verscheuchen, als er aber plötzlich verschwand. 

Am Straßenrand waren viele Frauen in bunten Kleidern anzutreffen, die Holz und Wasserkrüge auf ihrem Kopf balancierten. Zudem entdeckten wir viele Kamele, Kühe, Schafe und Kinder. Auch das größte Wildrind der Erde, das Gaur, sahen wir.




Begegnungen  auf  den  Straßen Indiens

24.12.2004:
Es war HEILIG ABEND. Wir brachten uns in Weihnachtsstimmung und bestellten im Hotel gleich zwei Gerichte für jeden. Einmal BIRIYANI (Reis mit Ananas, Kirschen, Erdnüssen und Gewürzen) und eine Tomaten – Käse Pizza. Wir telefonierten noch nach Hause und suchten die „Deutsche Welle“ im Weltempfänger. Mit schlechtem Empfang hörten wir „Stille Nacht“ und Weihnachtsgeschichten. Trotz allem hatte das Fest in diesem Jahr keine außerordentliche Bedeutung für uns.

Am ersten Weihnachtstag mussten wir 160 km zurücklegen, um JAISALMER zu erreichen. Ausgerechnet Nord – Wind! Mit 16  bis 18 km/h kämpften wir dagegen und sahen im Halbdunkeln die riesige Festungsanlage von JAISALMER. 
Am Ortseingang standen bereits viele Hotel – Schlepper. Sie lockten mit sehr günstigen Zimmern, allerdings sollte man dann eine Kamel – Safari bei ihnen buchen. Wir suchten uns dann selber ein Hotel.
Am Abend gingen wir essen. Wir hatten nach 10 Stunden auf dem Fahrrad großen Hunger. Der Hotelbesitzer setzte sich ungefragt an unseren Tisch und wollte uns natürlich ein Kamel – Safari mit Wüstenübernachtung verkaufen. Wir lehnten ab und erklärten das wir bereits Nächte im Sand verbracht hätten und wir wenig Lust verspüren in der Kälte draußen zu schlafen. 
Unser Hunger trieb unsere Augen in die Küche und erblickten den Schatten des Kochs an einer Wand. Wir hatten Pommes bestellt und sahen wie sich der Koch immer wieder von den Pommes in der Pfanne bediente. Nach 45 min kam das Essen. Der Koch stellte sich neben den Tisch und sah uns beim Essen zu. Wir zeigten, dass es gut schmeckt. Er grinste nur und verweilte weiterhin nichtssagend bei uns. Unsere Mägen hätten am liebsten noch zwei weiteren Bestellungen gemacht. Aber unsere Nerven wollten sich dieser Herausforderung nicht noch einmal stellen.

Der Anblick Jaisalmers, die uralte Karawanenstadt mitten in der Wüste, lässt alle Anstrengungen vergessen. Das Fort umschließt nicht nur den Palast, sondern verbirgt im Inneren Wohn- und Geschäftshäuser. Musiker, Kühe, buntbemalte Häuser und viele Souvenirläden befinden sich in den kleinen Gassen und schaffen eine angenehme und ruhige Atmosphäre. Auch wenn alles zu sehr auf den Massentourismus ausgerichtet ist, finden sich noch Ecken des normalen Lebens.
 
 

 
Musiker in Jaisalmer
Affe entlaust Kuh in Pushkar
Musiker in Jaipur


In den letzten Tagen in Indien hatten wir eine Vorliebe zu Erdnüssen entdeckt. Sie sind sehr günstig, halten lange vor und schmeckten zudem überaus gut. Diese Leidenschaft teilten wir offenbar auch mit einer Ratte, die uns nachts besuchte und unsere Erdnusstüte anknabberte. 

Bei 7°C fuhren wir morgens nach AJMER. Auch in dieser Stadt war es sehr schwierig, sich zurecht zu finden. Von einer katastrophalen Ausschilderung kann man gar nicht sprechen, weil es sie gar nicht gibt. 
Die Stadt AJMER ist der bedeutendste Wallfahrtsort der Muslime in ganz Indien. Hier befindet sich das Grab eines muslimischen Heiligen aus dem 13. Jahrhundert. Am Eingang des Heiligtums stehen ausgesprochen viele Bettler herum. Sie sind ungemein aufdringlich. Sobald eine Frau mit ihrem Kind etwas bekam, stellte sich die Nächste bei uns an. Auf einen Besuch verzichteten wir. 
Nur 15 km entfernt liegt das berühmte Dorf PUSHKAR. Der kleine hinduistische Wallfahrtsort ist jährlich das Ziel von Tausenden von Pilgern, die zum Pushkar – Fest anreisen. Mit den unzähligen Tempeln, Ghats und dem See strahlt der Ort aus der Ferne sehr viel Ruhe aus. Allerdings wird diese durch die vielen Souvenirläden und den vielen Touristen im Inneren getrübt.


 
Thomas lässt sich
 genussvoll schieben!
Bunter Markt in Jaipur
Schlafplatz hinter einem Busch

Heute war es soweit! Vor dem Bahnhof von Jaipur hatten wir uns um 16:00 Uhr mit unserem Vater verabredet. An diesem Tag mussten wir nur noch 135 km zurücklegen. Leichter gesagt als getan. Ich (Stephan) fühlte mich heute morgen nicht gesund. Meine Lunge schmerzte und ich war total schlapp. 
Thomas fuhr die ganze Zeit vor mir und gab mir Windschatten. Aber ich konnte nur schwer atmen und kaum noch treten. Warum ausgerechnet heute? Die Spannung stieg. Bereits um drei Uhr waren wir in der Stadt und fuhren langsam zum Bahnhof. 

5.Januar 2005, 15:30 Uhr: Wir bogen um die Ecke des Bahnhofs und erblickten sofort einen weißhaarigen Mann mit einem Fotoapparat vorm Gesicht. Das konnte nur unser Vater sein. Zusammen gingen wir in sein Hotel. Er hatte bereits ein Doppelzimmer für uns reserviert.
 
 

 Ankunft am Bahnhof
Mit unserem Vater in Jaipur


Unser Vater erzählte von seiner beschwerlichen Anreise. Durch das Tsunami - Unglück hatten alle Flugzeuge in die betroffenen Regionen Vorrang und alle anderen Verspätung. Somit verpasste er den Anschlussflug nach Jaipur. Am Abend gingen wir zusammen essen. Nach 5 Monaten war für uns das Zusammentreffen mitten in Indien schon eigenartig. Während wir in dieser Zeit 9000 km auf dem Fahrrad zurücklegt hatten, war unser Vater von einem Tag auf den anderen bei uns. 

 


 
Kamel auf Abwegen in Rajasthan
Zwei Inder auf Wanderschaft
Die Orientierung war nicht immer so einfach!





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